Aspekte

  1. Wenn besonders traumatische Kindheiten von Kindern mit Borderline-Müttern beschrieben werden, so handelt es sich zumeist um schwere bis sehr schwere Formen von Borderline.
    Fremdaggressive Inhalte / Reaktionen / Persönlichkeitszustände sind vertreten beim:
    - narzisstischen Symptomniveau
    - zwanghaften Symptomniveau
    - hysteroiden Symptomniveau (schwere bis sehr schwere Form der BPS)
    - psychotischen Symtomniveau (sehr schwere Form der BPS)


  2. Auffällig ist, das in der Klassifikation nach DSM-IV (der American Psychiatric Association) die fremdaggressiven Handlungen lediglich in Punkt 8 berücksichtigt werden: als "unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, die Wut zu kontrollieren (z. B. häufige Wutausbrüche, andauernde Wut, wiederholte körperliche Auseinandersetzungen)"; während die autoaggressiven Aspekte einen eigenen Punkt (Punkt 5) darstellen. (siehe auch: Was ist Borderline?) 


  3. Die aktuelle Klassifikation der BPS wurde erst 1980 definiert, d. h. Borderliner/innen wurden bis vor wenigen Jahren anderen Diagnosen zugeordnet. Betroffene werden zumeist aufgrund der sichtbareren Leiden bzw. Symptome (Depressionen, Sucht) medizinisch behandelt, die Teile der vorhandenen Persönlichkeitsstörung sein können. Dadurch erfolgt die offizielle Diagnose oft nach einem jahrelangen Weg durch verschiedene medizinische Instanzen (Therapie, Kliniken etc.).
    Das engste Umfeld ist direkt mit dem Verhalten der Betroffenen konfrontiert (und nicht selten davon überfordert) und kommt bei Zugang zu den Informationen über die Diagnosekriterien schneller auf den begründeten Verdacht dieser Persönlichkeitsstörung.   


  4. Laut den Erfahrungen von rund 40 heute erwachsenen Töchtern (im Alter von 19-61 Jahren) von Borderline-Müttern (meistens im Alter 38+ oder auch bereits verstorben) wurden diese so gut wie nie zu Lebzeiten offiziell als Borderlinerinnen diagnostiziert. Keine dieser Mütter übte selbstverletzendes Verhalten (ritzen) aus. 
    Die Mütter hatten / haben keine Krankheitseinsicht und sie nahmen / nehmen keine Therapien für eine Verbesserung ihrer Situation in Anspruch.
    Bei vielen dieser Mütter waren / sind langjährige Partner vorhanden. Die eigene Co-Abhängigkeit dieser Männer hinderte sie daran, ihren Kindern bei Gewalt beizustehen oder den Frauen Grenzen zu setzen.    


  5. Misshandelte Kinder brauchen eine gewisse Zeit, bis ihnen die Misshandlung bewusst wird. Meistens sind sie dann erwachsen und suchen wegen vordergründig anderen Problemlagen (gescheiterte Beziehungsmuster; Depressionen, Essstörungen) therapeutische Hilfe, in deren Rahmen dann die traumatische Kindheit und die psychische Erkrankung des Elternteils deutlich wird.


  6. Es gibt bislang leider noch keine Studien über die Beeinflussung der Lebensläufe der erwachsenen Kinder, die bei ihren (un)therapierten Müttern mit Borderline aufgewachsen sind.   

 

 

© 2013-03-23, Jana Reich, www.borderline-muetter.de